Ausgrenzungen
4. In Folge der gesellschaftlichen Ausgrenzung
verließen viele Juden Bergen-Enkheim und
wanderten aus
Bedingt durch den zunehmenden Terror kam es ab 1936 zu sehr
vielen Verkäufen von Grund und Boden aus jüdischem Besitz .
Vor allem wechselten neben Wohnhäusern sehr viele Grundstücke,
die bis dahin als Weide-, Gartenland, Wiese, Obstbestände, Äcker
genutzt wurden, die Besitzer. Auch Bauland wechselte die Besitzer.
Die Hintergründe dieser Verkäufe lassen sich nicht mehr genau
ermitteln. Die Käufer waren häufig
durch die jüdischen Besitzer selbst
ausgesucht und in der Regel keine
Parteigenossen. Nach 1945 gab es
in Bergen noch 7 Häuser, die nicht
die Besitzer gewechselt haben.
Insgesamt - nach den vorliegenden
Unterlagen - wurden in Bergen
mehr als 30 Häuser
und ca. 100 Grundstücke
von jüdischen Bürgern verkauft .
Wohnhaus und Laden von
Mina Nachmann, Marktstraße 72
Foto: Helmut Ulshöfer (Autor der ursprünglichen Fassung der
hier überarbeiteten Ausstellung)
Heinrich Hirsch, 1908 in Bergen geboren, war der erste
Auswanderer aus Bergen in die USA. Ihm wird folgende Antwort an
alle, die ihn zum Bleiben überreden wollten, zugeschrieben."Dene
Halunke kriech ich nett uff de Leim." Seine Mutter zog 1935
nach Frankfurt und wurde nach Riga deportiert.
Die Berger Juden waren dort verwurzelt, und es waren einfache
Menschen ohne weitläufige auswärtige Verbindungen und
Verwandte. Aus diesen Gründen fiel es vielen schwer, sich für die
Auswanderung zu entscheiden und diese dann zu organisieren. Viele
sind von Bergen nach Frankfurt gezogen, weil in Frankfurt neben
den (soweit noch vorhandenen) Arbeitsplätzen, die Behörden waren,
die Stellen der Israelitischen Gemeinde, die in Auswanderungsfragen
berieten, Jüdische Zeitungen usw. Insgesamt zogen von 1934 - 1941
mehr als 75 Personen aus Bergen nach Frankfurt. Von dort aus
traten sie dann, wie viele ihrer in Bergen ansässig gebliebenen
Mitbürger den Weg in die Emigration an. Für mehr als 80 jüdische
BürgerInnen aus Bergen ließ sich feststellen, dass ihnen die Flucht
aus Deutschland gelungen ist.
Hauptausreiseland waren die USA, wohin mehr als 50 Personen
emigrierten. Weitere Zielländer waren: Südamerika, Südafrika,
England, Holland, Palästina, Australien. Die Akten der ehemaligen
Devisenstelle S geben Auskunft über die unendlichen bürokratischen
Schwierigkeiten bei der Vorbereitung der Auswanderung.
> Dr. Rudolf Freudenberger, Arzt aus Bergen, wandert mit seiner
Familien im August 1938 in die USA aus. LINK
> Weiterlesen: Der NS-TERROR gegenüber der jüdischen
Bevölkerung begann in Bergen am 10. November 1938
1. Die Novemberpogrome fanden in Bergen erst
am 10. November statt
2. Zerstörung der Synagoge
3. Judenhäuser und Deportationen
4. Nach dem Krieg wurden einige Täter zur Rechenschaft gezogen
Mit der NS-Diktator ändert sich alles:
Aus guten Nachbarn werden plötzlich
Fremde, die vom gesellschaftlichen
Leben ausgeschlossen werden
Bereits bei den Wahlen von 1932 hatte die
NSDAP in Bergen eine Mehrheit, die bei ca. 60
% der abgegebenen Stimmen lag.
Der Boykott jüdischen Lebens funktionierte
in Bergen-Enkheim ganz im Sinne der Partei
und der NS-Ideologie: Juden sollen durch
geschäftliche Isolierung und Umsatzrückgang
zur Aufgabe ihrer Geschäfte, Gewerbe und
Arztpraxen gezwungen werden.
Schild in einem Hanauer Friseurgeschäft
Foto: Medienzentrum Hanau - Bildarchiv (Sig. 0093/D7)
Mit freundlicher Genehmigung des Medienzentrums Hanau,
15.01.2021
Zwischen 1934 und 1941 zogen viele Juden
von Bergen nach Frankfurt. Von dort an
traten sie dann wie viele ihrer in Bergen
ansässig gebliebenen Mitbürger den Weg in
die Emigration an.
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Geschichte der jüdischen Gemeinde Bergen-Enkheim
Digitale Neugestaltung der gleichnamigen Ausstellung von Helmut Ulshöfer
Initiative Stolpersteine Bergen-Enkheim
Frankfurt am Main