Terror der Nationalsozialisten
1. Die Novemberpogrome fanden in Bergen erst
am 10. November statt
Während in Deutschland die Terrorakte gegenüber der jüdischen
Bevölkerung (Pogromnacht) bereits wieder eingestellt waren, begann
in Bergen am 10. November der Terror gegen die jüdische
Bevölkerung. Zunächst richteten sich der Ausschreitungen gegen
jüdische Familien und ihren Besitz und schließlich gegen die
Synagoge, an deren Zerstörung sich auch Schüler beteiligt haben.
In einem Bericht, den ein Meister der Schutzpolizei am 11.8.1945
gegenüber der amerikanischen Militärregierung abgab, heißt es wie
folgt:
„Es war im Jahre 1938, als überall eine Aktion gegen das
jüdische Besitztum einsetzte. Auch in hiesiger Gemeinde
erfolgte diese Aktion. Es wurde nun an verschiedenen Stellen
bei jüdischen Familien Terrorakte und Diebstähle ausgeführt,
wo ich zum Schutz von den einzelnen Familien angehalten
wurde. Soweit ich mich noch heute entsinnen kann, begann
diese Aktion hauptsächlich bei der Familie H., Schu-H., hier
und bei der Familie H. im Sperber. Bei H. wurden aus dem
Lager Schuhe aller Art gestohlen, hierbei zeichnete sich der
Schuldiener O. besonders aus, indem er die Schuhe aus dem
Fenster warf. Ich entfernte O., worauf dieser auch gleich
fortging. Bei meinem schnellen Einschreiten wurden die
gestohlenen Schuhe zum größten Teil wieder herbeigeschafft.
...
Auch war ein W. bei der Aktion stark beteiligt und führte große
Reden. Auf dem Hof der Gastwirtschaft G. hier in der
Marktstraße habe ich auch verschiedenen jungen Leuten
Schuhe abgenommen. Hier drohte sogar eine Person mit dem
Erschießen, falls ich nicht sofort den Hof verließe. Bei
schnellem Einschreiten stellte sich jedoch heraus, daß dieser
keine Waffe bei sich hatte. ...
Aus der Gastwirtschaft holte ich jedenfalls einige Paar Schuhe
heraus, welche dort versteckt waren und von den Leuten bei
meinem Einschreiten zurückgelassen wurden. Der ehemalige
Nachtwächter L. war wohl in der Nähe, als die Diebstähle
ausgeführt wurden. Ich kann aber nicht sagen, ob der dabei
beteiligt war. Es wurden auch einige Personen zwecks
Feststellung der Personalien festgenommen, und ich habe
später gegen dieselben eine Anzeige eingeschickt. Zu
erwähnen ist noch, daß B. vor der Aktion die alte Frau H. durch
Schläge und sonstige Mißhandlungen schwer verletzte. Bei H.
im Sperber wurde Alkohol entwendet, da dort eine
Schnapsbrennerei war. Wer hier beteiligt war, weiß ich heute
nicht mehr.“
> Weiterlesen:
2. Zerstörung der Synagoge
3. Judenhäuser und Deportationen
4. Nach dem Krieg wurden einige Täter zur Rechenschaft gezogen
Der NS-Terror gegenüber der
jüdischen Bevölkerung begann in
Bergen am 10. November 1938
An diesem Tag wurde nicht nur die Synagoge
zerstört, sondern auch jüdische Geschäfte,
Wohnungen und Friedhöfe. Daran
beteiligten sich viele Berger Bürger. Unter
ihnen waren auch Schüler, die sich mit
Steinen bewaffnet hatten.
Synagoge zwei Tage nach der Zerstörung
Foto: Hessisches Landesarchiv Wiesbaden, Abt. 461,
30021 Bd.1. Mit freundlicher Genehmigung des Hessischen
Landesarchivs Wiesbaden, 25.01.2021
Die jüdischen Familien wurden ab 1938
zwangsweise in 11 Häusern zusammengelegt
und in zwei Sammeltransporten am 30. Mai
und 5. September 1942 aus diesen Häusern
deportiert. Der Fußmarsch führte durch
Bergen und Enkheim zum Bahnhof Mainkur.
Von dort wurden sie nach Hanau gebracht, mit
Viehwagen in die Todeslager verschickt und
dort ermordet.
Querverweis: siehe hierzu auch
Lichter in einer dunklen Zeit: Friedrich Caspary.
Dein Freund und Helfer
.
Geschichte der jüdischen Gemeinde Bergen-Enkheim
Digitale Neugestaltung der gleichnamigen Ausstellung von Helmut Ulshöfer
Initiative Stolpersteine Bergen-Enkheim
Frankfurt am Main